Der Hexenbrenner. Geschichten des Dreißigjährigen Krieges. Band 3
Heute würde dort über das Schicksal von Katharina Haan und ihrer Tochter entschieden werden, und Förner wusste, dass es nur ein Urteil geben konnte. Diesen Stich in die Seele des Kanzlers wollte der Weihbischof nicht verpassen. Es war ihm eine besondere Genugtuung, dass die Verhandlung im Domizil von Dr. Georg Haan stattfand, der leider nicht in der Stadt war. Zu gerne hätte er das Gesicht seines Widersachers gesehen, wenn das Urteil gegen sein Weib verkündet wurde.
Katharina Haan hatte ihr Geständnis, kurz nach dem sie sich das erste Mal zur Hexerei bekannt hatte, widerrufen. Als man aber ein Hexenmal auf ihrem Rücken fand und sie einer weiteren Tortur aussetzte, hatte sie erneut alles zugegeben und auch die Besagung gegen ihren Mann und ihren Sohn wiederholt. Die Räte und Schöffen der Stadt Bamberg hatten jetzt keine andere Wahl, als die Hexe auf den Scheiterhaufen zu schicken. Förner setzte sich neben Vasoldt auf eine Bank und wartete darauf, dass die Gefangene hereingeführt wurde und die Verhandlung begann.
Das Amtszimmer im Rathaus war bis auf den letzten Platz gefüllt. Viele Bürger der Stadt waren gekommen, um zu sehen, ob eine der angesehensten Frauen unter ihnen tatsächlich schuldig gesprochen wurde, sich dem Teufel hingegeben zu haben. Adam Haan, der Sohn des Kanzlers, saß in einer Ecke und warf Vasoldt und Förner böse Blicke zu. Vor so vielen Zuschauern würde er es aber nicht wagen, sich offen gegen die beiden zu stellen.
Den Vorsitz hatte Georg Heinrich Flock. Förner wusste, dass der Ratsherr eher ein Gegner der Hexenprozesse war und diese am liebsten beendet hätte. Vor allem, seitdem sein Weib Apolonia in das Malefizhaus gebracht worden war. Aber auch Flock würde nichts anderes übrigbleiben, als Katharina Haan zu verurteilen, wenn er sich nicht selbst in Verdacht bringen wollte. Immerhin hatte er das Bett mit einer Hexe geteilt und die Gefahr bestand, dass auch er selbst bereits von dem teuflischen Virus befallen war.
Endlich wurde die Ketzerin von zwei Herolden in den Saal geführt. Mit den geschorenen Haaren und in ihrem Hexenhemd sah das Weib furchtbar aus. Sie war kaum in der Lage, sich aus eigener Kraft vor den Rat zu stellen.
»Katharina Haan, wohnhaft in der Judengasse 6 in Bamberg?«, sprach Flock die Ketzerin an.
»Das ist korrekt«, antwortete das Weib des Kanzlers mit brüchiger Stimme. Sie hatte den Blick gesenkt und ihre Augen wirkten, als sei das Leben darin bereits erloschen.
»Ihr habt gestanden, der Hexerei schuldig zu sein. Wollt Ihr hierzu eine Aussage machen?« Flocks Blick drückte Mitleid aus und verstärkte damit Förners Misstrauen gegen den Ratsherrn.
»Ich bekenne mich, den Vorsitz beim Hexensabbat geführt zu haben und dem Teufel zu Willen gewesen zu sein.« Die letzten Worte wurden so leise gesprochen, dass sie kaum zu verstehen waren.
Ein Raunen ging durch die Menge und mehrere der Anwesenden standen auf. Erst, als einer der Schöffen beschwichtigend die Hand hob, kehrte wieder Ruhe ein.
Förner sah Flock an, dass ihm die Worte der Hexe einen Stich versetzten. Vermutlich hatte der Ratsherr darauf gehofft, dass Katharina Haan in der Verhandlung alles leugnen würde. Wäre das geschehen, wäre das Weib erneut in den Scharfrichterraum geführt worden.
»Ihr bekräftigt, dass ihr diese Aussage freiwillig macht und sie der Wahrheit entspricht?«
»Ja.«
»Dann verkünde ich nun das Urteil«, sagte Flock und senkte den Blick.
»Nach gütlicher und peinlicher Befragung wird sodann nach Bekenntnis und Aussage der Katharina Haan zu Recht das Urteil gesprochen. Da sie Gott dem Allmächtigen auf schreckliche und unchristliche Weise abgesagt hat und sich dann dem Satan mit Leib und Seele ergeben und anderes Übel und Unheil gestiftet hat, wird die Beschuldigte mit lebendigem Leib zu Feuer gebracht.«