Kleine Rückenschule. Kompakt-Ratgeber
((Auszug aus dem Kapitel "Ihr Rücken und die Muskeln, die ihn halten"))
Die neue Rückenschule
Entgegengesetzt der alten Meinung, den Rücken bei Schmerzen zu schonen, ist heute die Regel: nicht schonen, sondern fortlaufend sanft weiterbewegen. In der sogenannten »neuen Rückenschule« steht übrigens das vielfältige, dynamische Bewegungsverhalten im Vordergrund. In der »Konföderation der deutschen Rückenschulen« heißt es: »Der gelegentliche Rückenschmerz wird nicht dramatisiert, sondern als ein wichtiges Warnsignal des Körpers wahrgenommen, auf das jeder hören sollte. Man lernt mit Rückenschmerzen angemessen umzugehen und achtet beim Bewegen … mehr auf den ständigen Wechsel von Be- und Entlastung. Das individuelle Wohlbefinden, verknüpft mit Freude und Spaß an der Bewegung, nimmt dabei einen wichtigen Platz ein - es gilt eben, ›locker und aktiv‹ mit der eigenen Rückengesundheit umzugehen.«
Nachdem man früher lehrte, den Rücken bei Schmerzen erst einmal zu schonen und ruhig zu halten, weiß man heute, dass sich chronische Rückenschmerzen, die häufig aufgrund von Verspannungen entstehen, am besten durch Bewegung lösen und verhindern lassen. Ansonsten können sich Verspannungen immer noch mehr festsetzen. Dieter Breithecker von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung in Wiesbaden bezeichnet und erklärt das Phänomen als »klassisches Erbe unserer Evolutionsgeschichte«.
Die Verspannung entstehe aus einer Anspannung heraus, die auf dem urzeitlichen Reflex »Zuschlagen oder Wegrennen« (fight oder flight) beruhe. »Wenn keine Bewegung folgt, bleibt die Anspannung erhalten, der Muskel wird nicht mehr durchblutet und kann nicht mehr entspannen«.
Die neue Rückenschule setzt auf vielfältige Bewegung sowie variantenreiches Training.
Auf Bewegung programmiert
Der Rücken, das menschliche Skelett und auch die Extremitäten sind nicht zum Stubenhocken, sondern für die Bewegung geschaffen - sie sind sozusagen »auf Bewegung programmiert«. Je weiter entwickelt die Zivilisation ist, um so gefährdeter ist unsere Wirbelsäule, weil der Mensch Dinge erfunden hat, mit denen er schneller vorwärtskommt als mit seinen Beinen - und weil er Geräte bzw. Apparate entwickelt hat, die zwar äußerst nützlich sind, die aber gleichzeitig dafür sorgen, dass seine muskuläre Belastung und Bewegungsmöglichkeiten immer geringer werden. Das Problem ist: Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke, die nicht gebraucht werden, verkümmern. Nur wenn sie die notwendigen Belastungsreize erhalten, ist ihre Belastungsfähigkeit auch ausreichend. Ansonsten sind Schmerzen und Verschleißerscheinungen vorprogrammiert bzw. die unausweichliche Folge. Die Wirbelsäule und ihre Segmente, mitsamt den Bandscheiben, mögen keinen »Stillstand«.
Muskulatur für einen starken Rücken
Für die Stabilität und Beweglichkeit der Wirbelsäule sind vor allem die tiefen und darüberliegenden oberflächlichen Rückenmuskeln verantwortlich. Die Bauchmuskeln wirken hierbei unterstützend. Gemeinsam geben sie der Wirbelsäule den nötigen Halt und die Flexibilität. Dank unserer bewegungsarmen und häufig haltungsunfreundlichen Berufe (in oft vorgebeugter Haltung) sind diese Muskeln meistens viel zu schwach und eher verkümmert. MRT-Aufnahmen von Rückenkranken zeigen, dass die Muskeln im Extremfall fast vollständig abgebaut und durch Fett- und Bindegewebe ersetzt werden!
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